Ist selektives Trockenstellen möglich?

Mehrere Projekte zeigten, dass durch selektives Trockenstellen eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes möglich ist. So wurde beispielsweise im Projekt RAST der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft oder im Landesprojekt des DLR Eifel, des DLR Westpfalz, der LUA Koblenz und der LVA Hofgut Neumühle in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit des selektiven Trockenstellens auf Herdenebene geprüft.

Als Ergebnis haben diese Studien gezeigt, dass bei eutergesunden Kühen auf Antibiotika beim Trockenstellen verzichtet werden kann, ohne die Eutergesundheit in der Folgelaktation zu gefährden. Grundlage des Trockenstellens ohne Antibiotika ist die Selektion der eutergesunden und der euterkranken Tiere. Eine Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Tierhalter den Eutergesundheitsstatus seiner Herde kennt.

Wie funktioniert das selektive Trockenstellen?

Die Entscheidung, ob mit oder ohne Antibiotika trockengestellt wird, muss für jede Kuh einzeln getroffen werden. Grundlage der Entscheidung bildet der letzte MLP-Bericht vor dem Trockenstellen. Liegt die Zellzahl des Einzeltieres unter 100.000 Zellen / ml Milch, gilt das Tier als eutergesund und es kann ohne Antibiotika mit Zitzenversiegler trockengestellt werden.

Bei Tieren mit Zellzahlen von 100.000 bis 200.000 Zellen / ml Milch, wird die Durchführung eines Schalmtests am Tag des Trockenstellens empfohlen. Reagiert der Schalmtest ohne deutliche Vierteldifferenzen negativ, so gelten auch diese Tiere als eutergesund und können ohne Antibiotika mit Zitzenversiegler trockengestellt werden.

Tiere, die im letzten MLP-Bericht mehr als 200.000 Zellen / ml Milch und einen positiven Schalmtest mit deutlichen Vierteldifferenzen aufweisen, sollten ca. 2 Wochen vor dem geplanten Trockenstelltermin einer zytobakteriologischen Untersuchung unterzogen werden.

Mit dieser Untersuchung wird der spezifische Erreger der entzündlichen Erkrankung der Milchdrüse (= Mastitis) bestimmt. Bei Feststellung eines konkreten Mastitiserregers sollte ein antibiotischer Trockensteller mit einem gezielten Wirkstoff ausgewählt werden, welcher den zuvor festgestellten Erreger bekämpft. Die zusätzliche Anwendung eines Zitzenversieglers wird in diesen Fällen empfohlen.

JOSERA Rind Euter, selektives Trockenstellen

(Bild: DLG-Merkblatt 400, „Trockenstellen von Milchvieh – Aktuelle Empfehlungen zur praktischen Durchführung“, 10/2014, http://www.dlg.org/dlg-merkblatt_400.html)

Kühe, die nach der Durchführung eines Schalmtests nur auf einem Viertel als euterkrank bewertet werden, sind auf allen Vierteln antibiotisch nach Erregernachweis zu versorgen. Der prophylaktische Einsatz von Antibiotika bei völlig gesunden Tieren ist gemäß den Antibiotika-Leitlinien nicht zulässig. Die genannte Vorgehensweise zum selektiven Trockenstellen wurde von einem Projekt des rheinland-pfälzischen Hofguts Neumühle (LVA) 2015 / 2016 bestätigt: Die Zellzahlen der untersuchten Tiere wurden in den folgenden 5 Monaten der nächsten Laktation ausgewertet und dokumentiert. Zudem waren die Heilungsraten über die Trockenstehphase im Hinblick auf Antibiotikaeinsatz und Zitzenversiegler von Interesse.

Von 197 trockengestellten Tieren wurden 110 Tiere ausschließlich mit Zitzenversieglern ohne Antibiotika und 87 Tiere mit Antibiotika und Zitzenversieglern trockengestellt. Im Ergebnis konnten keine Unterschiede im Hinblick auf Zellzahlen, Eutergesundheit oder Milchleistung zwischen den unterschiedlich behandelten Tieren festgestellt werden.

JOSERA Rinder im Stall auf Stroh stehend

Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass ein Trockenstellen eutergesunder Tiere ohne Antibiotika möglich und anzustreben ist.

Dieses Potenzial sollte künftig in der Milchproduktion genutzt werden, um den Antibiotikaverbrauch zu reduzieren. Dies hilft in der gesellschaftlichen Debatte über Sinn und Unsinn des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung, und die langfristigen Kosten des Milchviehbetriebs können gesenkt werden.

Somit ist dies eine weitere Stellschraube zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Milchproduktion. Auch im Hinblick auf das Tierwohl der Milchkühe ist eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes als positiv zu betrachten.


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